Aufrecht und selbstbewusst dem Impostor-Syndrom trotzend

Die Geschichte meiner Selbst­ständigkeit – Teil 3

Im August erschienen Teil 1 und Teil 2, heute ist Teil 3 , der lange versprochene letzte Teil der Geschichte meiner Selbstständigkeit dran: wie ich – endlich! – den Absprung schaffte. Raus aus dem Angestelltendasein, weg vom Impostor-Syndrom, hin zur persönlichen Entfaltung und Fülle!

1. Nach dem Coaching-Diplom

Als frischgebackene diplomierte Coach war ich zunächst perplex, meinen Abschluss TROTZ allem geschafft zu haben. Es war schon speziell, die Fäden immer wieder aufzunehmen und weiterzuspinnen. Aber da war es, das Diplom! Zu der Zeit arbeitete ich noch beim Energiekonzern im quirligen und coolen Team, in dem ich mich menschlich recht wohl fühlte. Immer wieder dachte ich, es könne eigentlich auch so bleiben.

Und wenn ich darüber nachdenke: ja, da war die Angst vor der eigenen Courage. Auf meinem Diplom stand, ich könne coachen. In Übungssessions hatte ich selbst auch durchaus das Gefühl gewonnen. Aber nun sollte ich raus in die Welt, ohne die anderen Lernenden, ohne die Sicherheit verheißenden Senior Coaches. Es half nicht, dass ich schon jahrelang wusste, dass dies meine Bestimmung ist – ich hatte nackte Angst!

2. Diagnose: Impostor Syndrom

Da war es, mein altbekanntes Hochstaplersyndrom. Tausend Lehrer und Dozenten können sich eben doch irren: ich bin eine hoffnungslose Blenderin! Eine Mogelpackung! Alle irren sich, fallen reihenweise auf mich herein und sehen etwas in mir, von dem ich keine Ahnung habe, woher sie es holen. Sie sagen, ich bin ein toller Coach, ich habe die Gabe, Menschen zu lesen und das Gelesene in Worte zu fassen, so dass greifbare Optionen daraus werden. Keine Ahnung, wie sie darauf kommen!

Das Imposter-Syndrom (Hochstaplersyndrom) humorvoll an einer als Löwin verkleideten Katze dargestellt

3. Ich glaubte nicht an mein Können

3.1. Was ich mir so erzählte:

Ich wurde gleich in meinem zweiten Schulhalbjahr in die zweite Klasse hochgestuft – naja, ich war halt spät eingeschult.

Bis zum Abi war ich immer die Jüngste, und ich musste mich nicht sonderlich anstrengen, um in den für mich wesentlichen Fächern zu glänzen – ja, das war auch nicht besonders schwierig!

Meine Ausbildungsprüfung habe ich frisch operiert (dieses Mal ein Fremdkörper im Knie und eine anschließende Schleimbeutelentzüngung – irgendwie hatte ich’s mit Hindernissen) und unter heftigen Medikamentengaben in einer weit entfernten Stadt gut abgeschlossen – egal, das habe ich nicht mal als Leistung registriert!

>>>>>>fast forward>>>>>>>

Im Studium hielt die coolste Businessprofessorin, der so viele die Stiefel geleckt haben, richtig viel von mir – hab‘ ich nie verstanden! Das Deckblatt meiner großen Hausarbeit, die ich bei ihr über Kundenorientierung schrieb, war bis in den letzten Winkel mit ihren Lobliedern und einer 1,0 vollgeschrieben – das ist nie bei mir als „echt meins“ angekommen!

Sie hätte mich in ihren „Inner Circle“ aufgenommen, und ich ignorierte gekonnt alle ihre Hinweise.

Aus derselben Zeit stammt auch ein Erlebnis mit einer Kommilitonin, die mich fragte, warum ich mich immer umdrehte, wenn jemand freudig auf mich zukam – ist doch klar, hinter mir musste jemand Interessantes und Beliebtes stehen!

So zieht zog sich das durch.

4. Ich erlebte meine Erfolge als Zuschauerin

Was immer mir an Erfolgen widerfuhr, was ich aktiv selbst erreichte, wofür ich kämpfte – es konnte eigentlich nicht sein. Anerkennung war ein Missverständnis oder ein Zufall. Zumal sie von außen zu kommen hat, denn wenn ich mich selbst gut fand, stank das Eigenlob meilenweit, und das ist unsympathisch.

Und ich? Ich arbeitete weiter beim Energiekonzern, bis meine Zeit dort ohne Festanstellung nicht verlängert werden durfte. Ich bekam einen neuen Disponenten bei der Zeitarbeitsfirma, bei dem ich offenbar etwas antriggerte. Er reagierte auf alles, was ich sagte oder tat, mit Anklagen. Ich hielt mich nicht länger mit meiner vermeintlichen Alternativlosigkeit auf, weil ich nun doch auf die Barrikaden ging. Er scheint eine dominante Frau (Mutter, Schwester, Partnerin) im Leben (gehabt) zu haben, bei der er sich fühlte wie mit mir. Seine Reaktion auf mich war eindeutig privat. Er verhielt sich hilflos und unterlegen, bellte mich jedoch aus seiner hierarchischen Überlegenheit heraus an. Es hatte nichts mit der Sachebene zu tun. Er merkte es selbst nicht, wie es schien. Ich bat um eine andere Betreuung, weil konstruktive Zusammenarbeit so nicht funktioniert.

Die neue Disponentin war nicht besser, nur anders schrecklich. Ich lavierte mich irgendwie durch, um ihrer Aufmerksamkeit möglichst zu entgehen. Ich strengte mich so an, als ob es das einzige Wichtige im Leben sei! Sie schickte mich zu unwürdigen Job-Interviews – das Absurdeste war eins, bei dem in der Tätigkeitsbeschreibung stand „Auftragseingabe und Datenpflege“. Ich fragte beim Vorstellungsgespräch, ob beim Schreiben der Stellenbeschreibung die Tinte ausgegangen sei oder nach dem Seitenumbruch versehentlich abgebrochen wurde – nein, das war die einzige Aufgabe! 😲😲. Hierfür fühlte selbst ich mich überqualifiziert und bat um passendere Vorschläge.

To make a long story short, irgendwann schickte mich der Leiter der Zeitarbeitsfirma zu einem Projektsteuerer, bei dem das Anforderungsprofil für die ausgeschriebene Stelle deutlich höher war als bei den anderen Jobs, in die ich vorher vermittelt wurde oder werden sollte. Ich wurde direkt beim Einstellungsgespräch gefragt, ob ich übernahmebereit sei oder mich stark an die Zeitarbeit gebunden fühle… natürlich wollte ich das, und ich wurde aus der Zeitarbeit ausgelöst. Es schmeichelte mir enorm, dass Geld für mich ausgegeben wurde, und ich leistete schnell viel zu viele letztendlich nicht angemessen bezahlte Überleistungen.

5. Ich erreichte schon etwas, aber ich bewertete es nicht als mein Verdienst

Wenige Tage bevor ich im Projekt anfing, bekam ich den Vorvertrag von einer Coaching-Agentur unterschriftsbereit in die Hand. Ich dachte, ich schaffe einige Coachings neben der Arbeit. Aber das Projekt wuchs so schnell, dass ich mich bereitwillig und in bewährter Loyalität vollkommen absorbieren ließ, bis ich die Coaching-Möglichkeit, die auf dem Silbertablett vor mir lag, absagte. Mir fiel erst im Nachhinein auf, welche Chance ich da vertat, weil es mir realistischer schien, mit suboptimaler Bezahlung gegen Windmühlen zu kämpfen, aber eine scheinbar sichere Anstellung zu haben. Die andere Seite war – natürlich – ich hatte auch hier wieder Angst, mich auf Coachees loszulassen, obwohl die Geschäftsleitung der Coaching-Agentur mir das uneingeschränkt zutraute.

(Wahrscheinlich waren sie nur verlegen um genügend Personal).

6. Glück im Unglück: ich verlor meinen Job

Nach knapp zwei Jahren, die ich dort arbeitete, wurde das gesamte Projekt eingestampft. Mein Arbeitsvertrag war unmittelbar an dieses spezielle Projekt gebunden, so dass ich mit sofortiger Wirkung arbeitslos wurde. Ich beschloss, mich nicht weiter als Assistentin zu bewerben, sondern massiv meine Selbstständigkeit voranzutreiben und endlich etwas aus meiner wunderbaren Coaching-Ausbildung und -Erfahrung zu machen.

Mein finanzielles Polster steckte ich in mich selbst, sprich in Coachings: Marke und Positionierung bei Steffi Zährl Reklamedame, mehr Positionierung, Machbarkeit und Vorgehensweise bei Alexandra Graßler Wissensagentur, Aufbau meiner Website und meines Business Blogs bei Judith Peters. In meinen zwei Mastermind-Gruppen und der wunderbaren Blogger-Gang in der Content Society bekomme ich die menschliche Unterstützung, die mir hilft, weiterzugehen und mir meiner wirklichen Aufgabe immer sicherer zu werden.

7. Jetzt brauchte ich noch meine Erlaubnis an mich, erfolgreich zu sein…

Wahrscheinlich habt ihr euch schon gedacht, dass es mit Kursen und Theoretischem bei aller liebevollen und wertschätzenden Ansprache nicht ganz getan ist. Es brauchte noch einige Zeit (und sehr viel Arbeit!), bis sich in meinem Denken einiges änderte. Das berühmte Mindset verlangte nach Überarbeitung. Meine Einstellung zu mir selbst und zu meinem möglichen Erfolg wollte gründlich überdacht werden.

Ich hatte immer wieder mal Coachees und war jedes Mal überrascht, wie gern sie meine Ideen aufnahmen, wie motiviert sie waren, Veränderungen im Denken auszuprobieren und ihre Sicht auf ihr Leben deutlich zu verändern. Da war ich innerlich noch total im Imposter-Syndrom. Irgendwann fiel mir auf, dass ich nur dann gut sein kann, wenn ich mir selbst erlaube gut zu sein und wenn ich selbst an mich glaube. Das musste ich richtig üben, und es erforderte einges an Arbeit.

Aber jetzt kann ich angemessen damit umgehen, dass Coachees, Fremde oder Freunde mir zutrauen, richtig gut zu sein. Ich habe die Erfahrung diverse Male gemacht und kann die Augen nicht mehr davor verschließen, dass ich diejenige bin, die die sinnvoll-irritierenden Fragen stellt, den Blick meiner Coachees auf ihre Problematik anzweifelt und sie dabei unterstützt, nicht unterstützende Glaubens- und Gedankenkonstrukte bröckeln zu lassen.

8. …und nicht mehr zu glauben, ich sei arrogant

Mein Leben lang dachte ich, ich sei irgendwie anders. Irgendwie komisch. Dachte ich. Ich versuchte mich anzupassen an die „Normalen“. Aber kaum machte ich den Mund auf, kam etwas heraus, das angezweifelt und bekrittelt wurde. Die Anderen fanden mich trotz meiner Mühen, dazuzugehören, arrogant, eingebildet, unnötig herausgehoben. Ich schien nicht richtig zu sein. Besser wär’s, ich würde meine seltsamen Erkenntnisse nicht unter die Leute bringen, meine speziellen Wortkreationen für mich behalten…. die Liste ist schier unendlich.

In der ersten Grundschulklasse nahm mich der Lehrer nur dran, wenn wirklich niemand sonst es wusste. Das war mir wahnsinnig peinlich! Aber Kinder wollen ihr Wissen loswerden, und es war für mich richtig blöd, in einer solchen Ausnahmeposition zu sein.

Menschen sind grausam. Wer anders ist, wird ausgegrenzt. Ich konnte vor dem ersten Schultag fließend lesen und tat es. Während vieler Jahre in einem Dorf, in dem ich als überschlaue, überlange, hochdeutsch sprechende Zugezogene unbeschreiblich gemobbt wurde – geschlagen, weggedrängt, verleumdet, bespuckt undsoweiter – war die Dorfbibliothek meine größter Trost. Ich holte dort bei jeder Öffnungszeit das Maximum an entleihbaren Büchern.

Meine Arbeit bei der Krankenkasse brachte mich fast um den Verstand, weil ich nie dazu gehörte. Ich war immer anders, mein Wortschatz zu groß, meine Wortwahl zu ungewöhnlich, alles war zu… irgendwas. Ich dachte zu komplex, ich konstruierte ungewöhnliche, aber nicht widerlegbare Hypothesen, stellte Einzelfallanträge für „meine“ Versicherten, die ich so schlüssig begründete, dass sie durchgehen mussten. „Das war schon immer so, das haben wir nie anders gemacht“ war für mich in keinem einzigen Fall ein Argument. Ich ging zu den innerbetrieblichen Veranstaltungen häufig nur mit, damit ausnahmsweise mal nicht über mich gelästert wurde.

9. I am what I am

Wenn ich nur diese wenigen Auszüge lese, finde ich sie rückwirkend ziemlich heftig. Andererseits besitze ich die Gabe der Resilienz, die meinen inneren gesunden Kern beschützt, während ich im Außen stark zerzaust werde. Ich begriff, dass ich mich einfach nicht verstellen kann, zumindest nicht lange. Denn dann werde ich krank und bin trotzdem nicht kompatibel mit einigen Gruppierungen.

Je mehr ich mich herauswage mit mir selbst, meinem Blick aufs Leben, desto besser scheint es für mich zu laufen. Es finden sich immer mehr besondere Menschen – manchmal fühlt es sich an wie eine Geheimgesellschaft der vielbegabten Multitalente! Ich lerne laufend weitere Exemplare dieser hochinteressanten Spezies kennen und fühle mich erkannt und geborgen, es ist ganz großartig! Das Lied „Ich mach‘ mein Ding, egal was die anderen sagen“ von Udo Lindenberg mag ich, seitdem es veröffentlicht wurde. Klar, ist es doch gewissermaßen meine Hymne!

9. Ich bin jetzt Coach, und ich mache meine wunderbaren Gaben endlich für andere zugänglich!

Mittlerweile bearbeite ich mit meinen Coachees erfolgreich berufliche Umbruchsituationen, trage zur Entschärfung und Entlastung von Situationen durch Reframing bei, kläre mit anderen ihr persönliches Warum. Gemeinsam finden wir Ressourcen und unerkannte Potenziale, bauen Superkräfte und spät entdeckte Begabungen aus, entlarven und entmachten Glaubenssätze. Es fühlt sich jeweils für beide Parteien sehr befreiend und bereichernd an!


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6 Kommentare zu „Die Geschichte meiner Selbst­ständigkeit – Teil 3“

  1. Liebe Silke, wunderbar! Als ob ich wieder in meine Geschichte eintauchen würde. Es ging mir nicht anders. Mit Deiner Geschichte könnten, denke ich, noch so einige versteckte „Köpfchen“ auftauchen und endlich ihre eigene Einzigartigkeit zeigen und nicht verstecken.

  2. Wow, was für eine Geschichte, was für ein Weg. Sehr sehr cool und mit so viel Persönlichkeit geschrieben. Ich hoffe, dass dich viele verkannte Genies finden um zu verstehen, dass sie nicht anders sind sondern richtig und einzigartig. Ein Artikel für Menschen und mit Gänsehautfeeling!

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