Die Autorin hält bremsend die Hand vor sich, daneben ein Stoppschild und der Schriftzug "Über Grenzen"

Ein kleiner Exkurs über Grenzen

Kannst du gut Grenzen setzen? Ich glaube, ich weiß so ziemlich alles darüber, beherzige aber nur einen Teil für mich selbst. Im Moment durchlaufe ich einen Grenzen-Crashkurs. In den letzten Monatsrückblicken, angefangen im Mai 2023, kannst du sehen, dass ich mich erst einmal wieder aus dem Burn-on herauswühlen musste.

Anlass genug, um kurz über Grenzen zu sprechen. Ein Thema, dem ich noch lange nicht genug Platz auf meinem Blog gegeben habe. Dabei ist es gerade in der Lebensmitte so präsent wie selten zuvor. Arbeitsbeziehungen, Familienbande, Partnerschaft – alle wollen etwas von uns. So kommst du heute zu einem Grenzen-Artikel von mir. Et voilà:

Warum Grenzen?

Grenzen setzen einen klaren Rahmen. Sie sind ein Akt der Selbstachtung, denn indem ich Grenzen setze, stärke ich mein Selbstbewusstsein und meine Autonomie. Ich nehme meine Bedürfnisse wahr, gleiche sie mit Wünschen von außen ab und entscheide, was ich geben kann und will.

Beziehungen verbessern sich durch klare Grenzen. Wir befürchten häufig, dass Nein-Sagen Beziehungen schadet. Tut es aber nicht. Indem du klar kommunizierst, dass du in einem konkret umrissenen Rahmen etwas für andere tust, darüberhinaus aber nicht, bist du verlässlich für andere. Und vor allem für dich. Grenzen stärken das Vertrauen in dich.

Grenzen reduzieren Stress. Ist die Grenze definiert und kommuniziert, wissen alle, womit sie rechnen dürfen und wo die Unterstützung aufhört. Du rennst nicht ins Burnout, hast noch Zeit für deine eigenen Ziele und Wünsche. Du verbringst genug Zeit Tätigkeiten, die dich nähren. Und die anderen wissen Bescheid.

Wie Grenzen setzen?

Ich reflektiere zunächst mich selbst, meine eigenen Ziele und wieviel Raum noch für andere ist. Ich nehme mich ernst und überprüfe, welchen Situationen und Beziehungen für mich grenzüberschreitendes Potenzial innewohnt.

Ich kommuniziere direkt und respektvoll, wenn ich anderen meine Grenzen erkläre. Ich vermeide Rechtfertigungen und Begründungen. Ein. Natürlich erläutere ich es gern, achte aber auch hier auf die Grenze zur Rechtfertigung. Meine Grenzen sind legitim und verdienen Respekt. So wie deine und die Grenzen jedes Menschen!

Es passiert immer wieder, dass Menschen unsere Grenzen versuchen zu testen und zu dehnen. Lass sie. Aber lass dir keinen Druck machen oder Schuldgefühle einreden, das ist emotionale Erpressung. Wollen wir nicht, brauchen wir nicht. Wir stehen für uns ein.

Meine persönlich bereicherndste Erkenntnis: zeitliche Grenzen sind Gold!

Viele Frauen um die Lebensmitte, auch ich, haben Eltern(-teile), die Hilfe brauchen. Erst ab und zu, dann mehr, dann richtig viel und am liebsten täglich. Nicht alle wohnen in der Nähe der Eltern. Zwischen meiner Mutter und mir liegen 350 Kilometer, da kann ich nicht eben mal am Nachmittag mit einem Hefeteilchen vorbeischneien. Wenn ich fahre, bleibe ich immer für ein paar Tage. Bisher hatte ich meist ein vages Ende angegeben. Wohin das führte, kannst du in den letzten Monatsrückblicken lesen: ich hatte mich ein Stück weit verloren und konnte plötzlich gar nicht mehr.

Dieses Mal hatte ich einen etwas längeren Aufenthalt vorgeschlagen, weil meine Mutter aus der Reha kommt und zuhause erst einmal wieder zurechtkommen muss. Plötzlich muss sie selbst wieder Lebensmittelvorräte halten, kochen, Haushaltsdinge erledigen. Ich sorge für einen Grundstock, arbeite die Reha-Wäsche durch, organisiere Arzt- und Hörgeräteakustikerbesuche. Als begabte Heimwerkerin und Lösungs-Fan gibt es obendrauf kleine Reparaturen oder Ergänzungs- und Ersatzkäufe für die Funktionalität des Haushalts.

Von zuhause aus vereinbarte ich alle erforderlichen Termine, organisierte eine Putzhilfe, die während meiner Anwesenheit zum Probetag kam. Also alles wie immer. Bis auf eine kleine Sache: mein Rückreisetermin ist fix. Es ist nämlich jeden Tag wieder etwas Neues, bei dem meine Anwesenheit von Vorteil wäre. Damit müssen wir beide umgehen, denn ich bin in meinem eigenen Leben zuhause und brauche diese Grenze. Meine Mutter auch. Es ist für uns beide wichtig zu erkennen, wie weit wir mit familiärer Unterstützung kommen und an welchen Punkten ein Um- und Neudenken erforderlich wird. Mein Bahnticket fühlt sich dieses Mal unheimlich mächtig und selbstbestimmt an.

Der QR-Code vom Rückreiseticket für Silke Geissen, darunter steht: Frau Silke Geissen
Die Kraft einer kleinen Entscheidung – magisch!

Erkenntnis: Grenzen geben Struktur, Verbindlichkeit und Selbstwert

Aus dem zeitlichen Grenzensetzen ziehen wir Kraft. Der Zeitraum, in dem wir geben, steht fest. In meinem Fall widmete ich den Juli einem Fokusprojekt, das ich zu meinem Stolz und meiner Freude durcharbeiten konnte. Nichts konnte mich davon abbringen. Das tat mir sehr gut. In dieser Struktur wusste ich, den Juli habe ich zum Durchziehen, und Anfang August bin ich für zehn Tage überwiegend für meine Mutter da.

Eine inhaltliche Grenze ist mindestens genauso wichtig. Denn gerade, wenn du länger zur Unterstützung einer anderen Person im Einsatz bist: Prüfe, ob du in 24 Stunden-Bereitschaft zur Verfügung stehen willst oder ob du auch innerhalb dieser Zeit deine Inseln brauchst. Mir helfen inhaltliche Blöcke, die ich vorher setzte: Ich bearbeite von hier aus täglich zwei bis drei Stunden meine Themen. Bei vorhergehenden Aufenthalten gab ich mich zur Disposition frei, ließ mich stärker absorbieren, stellte meine Arbeit hintan und wurde täglich unzufriedener.

Vielleicht kennst du dieses Phänomen auch: Du unterstützt andere mehr, als du leisten kannst, und durch dein eigenes Nicht-Abgrenzen wirst du irgendwann auf die andere Person sauer. Ist mir auch passiert, fand ich ungut.
Mit der klaren zeitlichen und inhaltlichen Grenze bin ich selbstbestimmt und nicht überrannt. Es ist bekannt, wann ich fahre und wann ich hier zur Verfügung stehe. Meine festen Termine für Arbeit und Freundestreffen sind mir wichtig, und ich halte mich daran. Für meine Mutter ist das auch gut. Sie weiß, wie lange ich hier bin und wann sie auf mich zählen kann.

Über Grenzen schaffen wir ein klares Bild von uns selbst

Stell dir vor, du malst ein Bild und trägst mit einem breiten Pinsel pastöse Farbe auf eine Leinwand auf. Das Ergebnis kann wunderschön sein wie z.B. mein derzeitiges Lieblingsbild meiner Bloggerfreundin Beate Münch, „Magic Spring„. Es ist abstrakt, in großen Strichen gemalt. Und es bietet sehr viel Raum für Interpretationen.

Das Bild "Magic Spring" von Beate Münch. Abstrakt, in Rosa- und Grautönen, zur Erläuterung unklarer Grenzen.
Wunderschön, mit viel Interpretationsspielraum. Das Bild „Magic Spring“ von Beate Münch

Ein Bild, das genau umrissen ist hingegen, kann innerhalb der Konturen facettenreich und schemenhaft gezeichnet sein. Durch die klare Kontur, die Grenze, hört es nach außen erkennbar am Umriss auf, und jeder, der es sieht, weiß, hier ist das Ende. So wie der Salat aus dem Garten, von meiner Bloggerfreundin Viktoria Cvetković gezeichnet.

Drei Salatblätter, gezeichnet. Mit der Beschriftung Bärlauch, Sauerampfer, Rucola. Bildunterschrift: Salat aus dem Garten
Klar gesetzte Grenzen im Bild von Viktoria Cvetković

Genauso ist es mit deinen Grenzen. Bist du in deinen Ansagen abstrakt, kann dein Gegenüber interpretieren. Und wird wahrscheinlich andere Schlüsse ziehen als du es dir wünschst. Mit einer klaren Kontur passiert dir das nicht. Male dein äußeres Bild so, dass die Betrachterin es versteht. Was bei der Kunst wunderschön sein kann, ist im persönlichen Miteinander schwierig. Grenzen schaffen Eindeutigkeit. Und wie bei der Kunst kann die andere Person es mögen oder nicht: Dein Bild ist dein Bild, und deine Grenzen sind deine Grenzen.

Beim Schreiben fällt mir auf, dass ich mich mit dem Thema Grenzen noch viel stärker beschäftigen will. Du auch? Dann buche dir gern ein Gespräch mit mir, und wir besprechen, woran du üben willst. Ich stehe dir dabei liebend gern zur Seite!

Anmerkung aus der Blog-Redaktion: Dieser Artikel ist die Nummer 4 in der Blogdekade. Entstanden an Tag 4 von 10. In TheContentSociety ist der Schreib-Rausch ausgebrochen, und durch das ständige Kreativitätsbad werden Themen an die Oberfläche gespült, die im Ein-Artikel-pro-Woche-Turnus gar keinen Platz haben. Ich liebe es und bin zuversichtlich, am 10. August den 10. Artikel zu veröffentlichen. Aber nun erst einmal die 4. Über Grenzen.

2 Kommentare zu „Ein kleiner Exkurs über Grenzen“

    1. Liebe Monika,
      ganz herzlichen Dank für die Rückmeldung. Ich freue mich sehr, wenn der Artikel etwas bewirkt.
      Viel Freude und Erfolg beim Durchforsten deiner Tagespläne. 🙂
      Liebe Grüße, Silke

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