Der Herbst, die traditionelle Erntezeit. Zeit der Dankbarkeit. Wir ernten die Früchte unserer Arbeit aus den Jahreszeiten davor. Das deutsche Wort Herbst und das englische Wort Harvest (Ernte) haben sprachgeschichtlich unverkennbar denselben Ursprung. Susanne Heinen liebt, genau wie ich, den Herbst. Susanne ist Diplom-Textildesignerin, Künstlerin und Assistant Counselor für Kunst- und Gestaltungstherapie aus Kulmbach. Ihr Spezialgebiet ist das artCounseling und das kreative Arbeiten mit Menschen. Letztes Jahr durfte ich schon an ihrer Blogparade teilnehmen. Sie fragte nach Patentrezepten gegen den Herbstblues. Dieses Jahr entzündet Susanne das Herbstleuchtfeuer aufs Neue und lädt ein zu ihrer neuen Blogparade „Ernte und Dank – wofür bist du im Herbst 2023 dankbar?“. Liebe Susanne, es ist mir ein Fest und eine Ehre, wieder teilzunehmen, weil ich den Herbst mehr liebe als alle anderen Jahreszeiten zusammen.
Der Herbst. Die einen erwarten ihn sehnsüchtig, die anderen würden ihn am liebsten überspringen. Der Herbst ist eine wunderbare Zeit für eine Innenschau, einen Rückblick, für Stolz auf Erreichtes. Und für Dankbarkeit.
Warum der Herbst die ideale Jahreszeit für Dankbarkeit ist:
Vom Spätsommer bis zum Herbst wird in der Natur am sichtbarsten die Ernte eingefahren. Die großen Mengen an Obst, Getreide und Kohl hatten auf riesigen bepflanzten, besäten und bewachsenen Flächen über den Sommer Zeit und Gelegenheit, sich zu entfalten und zu wachsen. Im Herbst wird gesammelt, geordnet, eingelagert. Gebündelt, eingekocht, fermentiert. Wenn wir Parallelen zu unserem Leben ziehen, ist es ähnlich: Zum Jahresbeginn haben wir Pläne, stellen einiges um, wagen Neuanfänge. Um auf dem Land zu bleiben: auf dem Acker kommt in der Fruchtfolge ein anderes Gewächs dran, damit Nährstoffe im Boden nachwachsen können. Die Produkte zeigen dann im Herbst, wie sie gediehen sind. So wie das, was wir in unserem Business hegen, pflegen oder wieder verwerfen.
Im Herbst weiß ich, was ich in den Winter mitnehme. Ich übernehme Verantwortung dafür, wie ich das Jahr gestartet habe, wie ich meine Projekte, privat oder im Business, behandelt habe. Ob und wieviel Energie ich hineingesteckt habe. Ich beginne, das Jahr abzuschließen und alles auf den Winter vorzubereiten. Ich sortiere, was ich dankbar beibehalte und was ich in Dankbarkeit für die Lehre, die ich daraus ziehe, gehen lasse.
Wie kann ich den Herbst für einen Rückblick auf mein Jahr nutzen?
Im Herbst ziehen wir uns wieder nach drinnen zurück. Wir machen es uns muckelig. Es steht endlich mehr Tee auf dem Tisch, die eine oder andere Kerze brennt. Draußen flammen noch einmal mit Macht alle Farben auf, von Gelb, Orange über Braun und viele wunderbare Rosa-, Lila- und Rottöne. Es leuchtet überall, und die Sonne hat einen besonders warmen Schein, wenn sie sich zeigt. Das Jahresende ist in Sicht, aber noch nicht ganz da.
Beim Aufräumen meines Gartens stelle ich meine Pflegefehler fest und kann noch ein wenig korrigieren. Und ich nehme mir fürs nächste Jahr vor, in einigen Bereichen anders zu wirtschaften. Vieles im Leben hat einen Jahresturnus, und es bietet sich an, rechtzeitig mit dem Abschluss zu beginnen. Der Herbst ist prädestiniert dafür, weil ich noch herumreißen kann, was ich übers Jahr schleifen ließ. Oder ich lasse es in Dankbarkeit gehen.
Der Herbst hat eine andere Frequenz als Frühjahr und Sommer. Im Frühling stehen die Zeichen auf Anfang, Aufbruch, Orientierung, Loslegen. Jahresziele möchten erreicht werden. Der Sommer ist luftig, leicht, quirlig. Wir sind viel draußen, und das Leben bietet unendlich viele Optionen. Der Herbst hat eine gewisse Schwere und eine Ernsthaftigkeit, beides wunderbare Voraussetzungen für eine Rückschau und für Dankbarkeit.
Herbstzeit: Wofür bin ich gerade jetzt besonders dankbar?
Es gibt Kastanien. Sie sind so schön: ihr Glanz, ihre Farbe, ihre Textur. Der unwiderstehliche Drang, mindestens eine davon in die Tasche zu stecken, kommt jedes Jahr wieder. Und dann bin ich dankbar für den ästhetischen Handschmeichler, den ich bei mir trage.
Im Herbst liebe ich die Farben, den Duft, die frische Luft, den klaren Himmel. Sonnenuntergänge sind spektakulär. Sonnenaufgänge auch, aber die sehe ich nicht immer.
Ich mag, wie Moose und Flechten sich ausbreiten und in vielen Farben und Formen überall auf meinem Weg zu sehen sind. Ich bin dankbar für den Duft der letzten Rosen und für den Glanz all der bunten Beeren an den Sträuchern und Bäumen. Der pilzige Duft der Erde, wenn ich im Wald bin oder im Garten harke, schneide, grubbere, erfüllt mich mit Freude und Dankbarkeit.
Ich bin dankbar für meinen Garten und meine Freude an der Arbeit im Freien. Und ich bin dankbar, dass ich weiß, wo ich mir Unterstützung holen kann: Während ich Efeu stutze, Bäume zurückschneide, bis ich nicht mehr weiterkomme, verständige ich mich spontan per WhatsApp mit meinem Gartenmenschen, der eigentlich schon im Frühjahr hätte vorbeikommen sollen. Seine Reaktion macht mich dankbar:
In diesem Jahr bin ich von Herzen dankbar für mein alkoholfreies Leben, für das ich mich dieses Jahr kurzerhand entschieden habe. Aus dem Dry January ist die komplette Nüchternheit geworden. Es gefiel mir überraschend gut, nie angeschickert zu sein, nie zu überlegen, ob ich noch ein Glas trinke oder nicht, nie auch nur einen Anflug von Kater zu haben, dass ich diesen Luxus nicht mehr missen möchte. Ich fand schon länger, Alkohol und Menopause passen nicht zusammen. Und je länger ich gar nichts trinke, umso mehr stelle ich fest, wie sehr uns Alkoholrituale, gesellschaftliche Erwartungen und die Alkohollobby im Griff haben. Mich nun nicht mehr. Große Dankbarkeit für diesen Entschluss.
Manchmal bin ich dankbar, dass mein Handy mich belauscht. So werden mir, kaum dass ich den Dry January gestartet habe, in meinen Social Media-Kanälen Podcasts, Videos, Beiträge von Menschen angezeigt, die nüchtern leben. Ich lerne, dass immer mehr Menschen nicht moderat, nicht in Maßen, sondern gar nicht trinken. Eine Community gefällt mir so gut, dass ich mich dort bewerbe und tatsächlich im November eine Teilzeitstelle antrete.
Im Herbst bin ich dankbar für wunderschöne Äpfel, Birnen, Kartoffeln und leuchtende Blüten. Nahrung für Körper und Seele.
Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich meine Tochter nie gezwungen habe, fleißig zu sein. Dass ich sie nicht als Verlängerung meiner selbst gesehen und sie in eine Richtung geschoben habe, die ich mir für mich gewünscht hätte. Stattdessen habe ich sie liebevoll durch Höhen und Täler begleitet, sie beschützt, unterstützt und verteidigt, damit sie ihren eigenen Weg findet und geht. Sicher musste ich mich dabei immer wieder bremsen, weil ich ihr vieles ermöglichen wollte, was mir verwehrt war. Ihr waren und sind ganz andere Dinge wichtig, das ist einfach so. Und es ist auch gut, unter anderem weil sie mir dann keine Vorwürfe machen kann, ich hätte sie in eine Richtung getriezt. Nach einigem Mäandern durch Schule, Praktika und Jobs fand sie eine Ausbildungsstelle zum Februar dieses Jahres, an der sie sich wohlfühlt und mit Fleiß und Ehrgeiz aus sich selbst heraus lernt. Dafür bin ich wirklich sehr dankbar.
Ich bin jeden Morgen dankbar für mein gemütliches Bett mit den vielen Kissen. Aber im Herbst, wenn ich die nächstdickere Decke beziehe, mir noch eine Wärmflasche in den Rücken lege und vielleicht eine Kanne Kräutertee für den nächsten Morgen auf den Nachttisch stelle, dann bin ich noch viel dankbarer, im Warmen zu sein, während draußen Stürme und Regen toben. Es lässt sich dort auch hervorragend arbeiten, wenn es gar zu ekelhaft ist draußen.
Für unser zutrauliches und schmusiges Kätzchen bin ich immer dankbar. Im Herbst noch mehr, weil es dann als lebende, schnurrende Wärmflasche fungiert.
Meine eigener Herbst des Lebens und meine Dankbarkeit darüber
Klingt vielleicht theatralisch, der Herbst des Lebens, aber ich bin wirklich froh, in meiner Lebensmitte angekommen zu sein, auch wenn ich mehr Lebenszeit hinter als vor mir habe. Möglicherweise ist auch gerade das die Zutat zu meinem immer erfüllteren Leben, für das ich sehr dankbar bin. Den gröbsten Unsinn, und zwar sehr reichlich davon, habe ich hinter mich gebracht. Fehler mache ich immer noch, aber ich kann sie – auch vor mir selbst – schneller eingestehen und etwas daraus machen. Ich bin Anfechtungen von außen nicht mehr hilflos ausgeliefert. Stattdessen nutze ich Erfahrung, Weisheit, Ergebnisse meiner eigenen Persönlichkeitsentwicklung. Und wertvolle Methoden wie Reframing und The Work, die beide hervorragend helfen, Ereignisse in einem anderen Licht zu betrachten.
Ich habe den Mut, mein Lebensalter nicht als Hindernis, sondern als Geschenk zu sehen. Wenn ich meine Kolleginnen sehe, die wahre Marathons auf Instagram und anderen Social Media-Kanälen laufen, bin ich mitunter frustriert, dass ich das so nicht durchhalte. Und ich frage ich mich, was ich eigentlich will. Etwas erstaunt stelle ich fest, ich will (zurzeit) gar kein siebenstelliger Coach werden! Ich könnte alles geben für hohe Ziele und viel Geld, aber ich will das gar nicht. Es verlangt mir mehr Kraft ab, als ich zumindest dieses Jahr aufbringen kann.
Ich gehe in mich und überlege, ob ich nicht vielmehr etwas ganz anderes brauche. Mein inneres Pendel schlägt bei „Ruhe im System“ sehr stark aus. Da habe ich es! Es ist dieses Jahr nicht mein Jahr für gigantisches Geschäftswachstum, sondern für Besinnung auf das Wesentliche. Dabei überlege ich, wie ich weiterhin meinen Kundinnen begegnen möchte, und bei all der Innenarbeit wird es mir immer klarer. Mit meinem (zeitweisen?) Abschied von der wilden Jagd um die Fünf-, Sechs- oder gar Siebenstelligkeit komme ich im Herbst zur Ruhe. Mit der Entscheidung, mich um eine wunderbare Teilzeitstelle zu bewerben, die ich im November antreten werde, bin ich sehr im Reinen. Für den Mut zur Bewerbung und den Glauben, dass es klappen könnte, bin ich doppelt dankbar.
Wofür ich in meinem persönlichen Herbst geradezu extrem dankbar bin, ist mein immer besser werdendes Verhältnis zu meinem Körper. Es hat lange gedauert, bis wir miteinander gut zurecht kamen, aber mittlerweile läuft es richtig gut. Mehr darüber schreibe ich noch in einer der anderen Blogparaden, die gerade in The Content Society laufen, nämlich bei Sandra Hoppenz’ „Liebesbrief an meinen Körper“.
Meine Körperakzeptanz macht mich modemutig. Das finde ich ganz herrlich, und ich bin dankbar, keinem Diktat zu gehorchen und zu tragen, was mir gefällt.
Dankbarkeit für die Dankbarkeit
Ich praktiziere mein tägliches Dankbarkeitsritual seit Jahren. Fast jeden Tag schreibe ich mehrere Dinge, Ereignisse, Inspirationen auf, für die ich dankbar bin. Das macht etwas mit mir. Dankbarkeit weitet den Blick für Schönes, Erfreuliches, für all das, was das Leben wertvoll macht. Nicht nur, aber auch im Herbst.
Gibt es etwas, wofür du in diesem Herbst besonders dankbar bist? Lasse es mich gern in einem Kommentar wissen!
Gut, dass ich diese Blogparade habe ausfallen lassen, das würde im Moment meinen zeitlichen Rahmen sprengen. Aber die Idee ist toll und ich habe Deine wunderbaren Worte mit viel Genuss gelesen. So viel Schönes und wunderbares. Ich finde Dankbarkeit auch eine der wichtigsten Übungen und mache sie täglich. Dankbar auf die Dinge zu schauen, verändert den Blickwinkel im Alltag.
Das Thema Alkohol… ich hab mich dem ja schon als Teenager verweigert (keine Ahnung warum, ich glaube ich hatte Angst vor Abhängigkeit) und bin es gewohnt, mich Zeit meines Lebens dafür zu rechtfertigen. Warum wird man eigentlich schief angeschaut, wenn man auf toxisch wirkende Flüssigkeitsaufnahme verzichtet?? Ich verstehe das bis heute nicht.
Ich freue mich für Deinen großen Schritt und ich finde, Du darfst Dir dafür mal ordentlich (und liebevoll) auf die Schulter klopfen. Ich freu mich für Dich.
Und für Deine neue Arbeit wünsche ich Dir viel Freude!
Marita
Liebe Marita,
auch hier dankeschön für deinen wertschätzenden und aufbauenden Kommentar! Ich habe es auch nie verstanden, warum um Alkohol so ein Hype gemacht wird. Damit aufzuhören ist, wenn ich es mir recht überlege, auch eine Form von Minimalismus. Der Wunsch, mein Leben immer übersichtlicher zu gestalten, erstreckt sich auf viele Bereiche.
Dankbare Grüße,
Silke
Liebe Silke
ach, wie gut tut mir Dein Artikel gerade. Er fühlt sich an wie eine grosse Tasse warmer Kakao, also der echte, selbstgeköchelte mit dem guten Kakao, mit echtem Zucker und vielleicht noch etwas Haselnussmus für den richtigen Schmelz… Er wärmt und nährt mich aufs allerfeinste.
Die Sanftheit und Klarheit, die Du für Dich und Deinen Weg beschreibst erinnert mich daran, auch mal wieder die sanfte Brille aufzusetzen für mich und meinen Herbst. Er ist gerade rau, stürmisch und auch oft (tränen)nass. Aber eben auch das, was Du alles beschreibst.
Durch Deine Wortmagie hier und die kraftvollen Bilder richte ich nun meinen Blick wieder auf die Fülle, die Farben und die Freuden.
Dafür von Herzen Danke, Merci und noch viel viel mehr.
Liebste Grüsse aus der Schweiz
Christine
Liebe Silke,
Dein Artikel über die Dankbarkeit im Herbst hat mich sehr berührt! Alles, was du so von dir persönlich erzählt hast, erfordert eine Portion Klarheit, Selbstkenntnis und Mut. Ich kann dich dabei sehr gut verstehen, weil das Leben uns mit seinen Höhen und Tiefen fordert. Mit den Fokus auf Dankbarkeit fällt schon vieles um einiges leichter!
Auch gefällt mir sehr gut, wie du über deine eigene Mitte des Herbstes schreibst. Die 55+ haben schon auch so ihre ganz besonders reizvollen Qualitäten, ich schließe mich da mit meinen eigenen Jahren an!!! In der Ruhe liegt die Kraft!!!
Ein sehr schöner und herzlicher Beitrag von dir!
Alles Liebe und Herzensgrüsse, Sue🍁🧡🎃🧡
Liebe Sue, ja, nicht wahr, auch in unserem eigenen Leben dürfen wir ernten, was wir gesät haben! Ich freue mich, dass du die Geschenke des Herbsts auch so zu würdigen weißt. Danke für deine schöne Rückmeldung, die in ihrer Offenheit wiederum mich berührt.
Ganz liebe Grüße,
Silke
Also liebe Silke dieser Artikel ist wirklich klasse! Ich fand ihn grad so schön, dass ich nicht aufhören konnte weiterzulesen, obwohl ich was anderes tun müsste. Vielen Dank dafür, es hat mich regelrecht inspiriert auch noch bei dieser „Dankbarkeit für den Herbst“-Blogparade mitzumachen. So ein schönes Thema. Du hast so viele Dinge gefunden, für die du dankbar bist, das ist herrlich! Klingt nach Frieden mit dir selbst. Schön.
Alles Liebe
Marianne
Liebe Marianne,
oh, so ein überschwängliches Feedback, vielen lieben Dank!
Da tut es mir gar nicht leid, dass ich dich von anderen Aufgaben abgehalten habe. Und schön, dass du als Naturfreak auch bei Susannes Blogparade mitmachst, dir fällt bestimmt auch total viel ein.
Friedliche Grüße
Silke
Liebe Silke,
was für ein schöner Morgen, wenn man beim Aufstehen sieht, dass Du so einen unglaublichen Blogartikel geschrieben hast. Ich spüre beim Lesen richtig Deine Dankbarkeit für all die großen und kleinen Dinge und das färbt auf mich ab. Deine Fotos gefallen mir so gut, dass ich später losziehe und mich voll in den Herbst stürze. Ich wünsche Dir noch eine ganz schöne Herbstzeit❤️.
Liebe Grüße, Susanne
Liebe Susanne,
das Schreiben und der Herbst machen mir auch so viel Freude! Umso mehr freue ich mich, dass du sie so spürst.
Einen wunderbaren Herbst für dich, und vielen Dank für dein großzügiges Erwähnen in deiner Blogparade.
Liebe Grüße
Silke