Die Autorin fotografiert sich im Schlafzimmerspiegel. Es ist Nacht, das Licht gedämpft. Oben die Aufschrift in weiß auf blauem Banner: 12 von 12 im Oktober 2025 – ein besonderer Sonntag

12 von 12 im Oktober 2025 – ein besonderer Sonntag

Ursprünglich wollte ich heute mit Manu in den Loki-Schmidt-Garten gehen, um das Erlebnis des Indian Summer aufzufrischen, das ich dort am 12. Oktober 2022 mit Freund Klaus hatte. Nur eins hatte ich dabei vergessen: In einem Anflug von Bürger-Pflichtbewusstsein habe ich mich vor Ewigkeiten zum Auszählen der Stimmen zu den Volksentscheiden über die Hamburger Klimaziele und einen Grundeinkommenstest gemeldet. So bin ich dann heute Nachmittag in der Messehalle 3 und zähle.

Und jetzt der Reihe nach:

1: Es ist spät geworden

Baby Ida ist seit zwei Tagen unruhig und verlangt nahezu pausenlos nach Nahrung; das ist für uns drei sehr kräftezehrend. Als ich am Samstagabend vom Einkaufen zurück komme, geht Anne mit Ida im Kinderwagen zum ersten Mal nach der Entbindung vor drei Wochen raus und holt mich von der Bahn ab. Zum Glück ist auch dieses kleine Menschenwesen durch eine Runde mit dem Wagen zu beruhigen. Gut zu wissen.

Mit der vermehrten Nahrungsaufnahme ist auch ein starker Windelverbrauch verbunden. Wir kommen heim und wickeln um die Wette, bis wir alle endlich ins Bett gehen. Achja, zwischendrin essen wir auch. Und wickeln dann wieder. Es ist deutlich nach Mitternacht; Foto 1 ist im Kasten. Ist ja schon der Zwölfte. Ich wundere mich, warum mein Lächeln etwas seltsam wirkt.

Die Aufbissschiene macht den Unterschied!

2: Kaffee

Am Morgen wache ich auf und strukturiere in Gedanken meinen Tag. Ich hänge immer noch an einigen bürokratischen Dingen, die ich ständig notgedrungen aufschiebe, weil ich, bevor ich richtig anfange, ein Baby im Arm habe, während Anne duscht oder weil ich sie nur kurz halten soll und sie dann so wunderbar schläft. Schwierig. Egal, jetzt gibt es einen Kaffee und eine erste Scheibe Brot. Vorher schiebe ich Brötchen in den Ofen.

Ganz schönes Gedrängel hier!

3: Herbst im Vorgarten

Ich bringe Anne ihren Kaffee und ihr Brot und werfe einen Blick in den Vorgarten. Die Hortensien haben ihre morbiden Herbstschattierungen. Links im Bild leuchten die vielen kleinen weißen Blütchen der Sternastern, und das Verschwommene im Vordergrund ist die Ranke einer sehr spät blühenden Clematis.

Etwas nieselig ist es auch

4: Money, Mindset, Millionen

Seit einer Weile beschäftige ich mich intensiv mit meinen Finanzen, und mit meinem Kaffee neben mir lese ich die Newsletter von Madame Moneypenny und Harv Eker, der seine Leserschaft mit „Dear Future Millionaire“ anspricht. Den kostenlosen Money Workshop sehe ich mir jetzt nicht an, denn ich will mich fertigmachen. Um 16.30 Uhr bin ich angemeldet zur Stimmenauszählung, für die ich mich bei den Messehallen einfinden werde.

Sonntagmorgen ist Newsletter-Lesezeit

5: Frühstück II

Die Brötchen sind abgekühlt, Ida zum x-ten Mal gewickelt, ein paar Sonntags-Extras stehen auf dem Tisch. Und wie es gern mal passiert, rede ich mit Anne und stelle fest, dass ein Packungstext sie deutlich mehr fasziniert.

Ich bin dabon weniger begeistert als sie

6: Sonntagsausflug ins Neuland

Ich fahre zeitig los, um ein wenig Puffer zu haben, falls, wie eigentlich immer, irgendetwas mit der Verbindung nicht hinhaut. In Altona soll ich umsteigen. Sowohl die HVV-App als auch Google Maps behaupten, ich könnte von dort mit der S2 zu den Messehallen gelangen.

Strahlender Himmel über Altona

7: Alle Apps lügen. Immer.

Ich steige in Altona aus, und die versprochene S2 fährt nicht. Ich werde kurz hektisch, weil auch der avisierte Ersatzverkehr nicht fährt. Die S-Bahn-Informationsleute empfehlen mir eine völlig unsinnige Ersatzstrecke. Zum Glück bin ich ortskundig und steige in die nächste S3, um an den Landungsbrücken in die U3 zu steigen. Die Zeit reicht immer noch locker. Ich bin nur so unheimlich ungern unpünktlich. Die schönen Fliesen entlang der Rolltreppe machen mich ganz fröhlich mit ihren schönen Farben. Es ist recht viel Gerempel, so bleiben sie unscharf.

Entlang der Rolltreppe findet sich dieses Mosaik.

8: Hamburg ist so schön

Das Wetter ist wunderschön geworden, und an den Landungsbrücken habe ich vom U-Bahnsteig aus den herrlichsten Blick. Ich liebe dieses Stück Hamburg. Unter anderem, weil dort alle verfügbaren Verkehrsmittel sind: S-Bahnen, U-Bahnen, Busse und die Hafenfähren. Das fühlt sich immer so wunderbar verbunden in alle Richtungen an.

Hach!

9a-c: Street Art

Im Tunnel des U-Bahnhofs Messehallen begegnen mir viele wilde Gestalten.

10: Los geht’s!

Ich komme vor den Messehallen an. Überall stehen Menschen und halten Schilder hoch, die auf ihre Zählgruppen hinweisen. Meine Gruppe ist nicht dabei. Ich frage viele Menschen, ob sie A. oder M. heißen, bis mich A. anruft. Die Gruppe kennt sich zum Teil. Mit mir sind noch zwei Frischlinge dabei. Die Gruppe ist schon drin, als A. und ich gemeinsam dazukommen.

Noch kurz ein Blick zum Wasserturm

11: Bürgerpflichten und Idealismus

In der Messehalle A3 summt und brummt es. Unzählige Tische sind gruppiert und von der nächsten Gruppierung durch Raumteiler abgetrennt. Wir sind acht Menschen. Wahlvorständin und stellvertretender Wahlvorstand erläutern den Prozess, alle nehmen sich die bereitliegenden Brieföffner, und ab 17 Uhr dürfen wir Beisitzer die schon bereitliegenden 1.200 Umschläge öffnen. Wir packen sie zu Zehnerstapeln und stapeln wiederum jeweils zehn davon aufeinander. Dabei wird gezählt und wieder gezählt.

1.200 geöffnete Briefe

12: Sonnenuntergang hinter Gittern

Die Briefe sind geöffnet; wir dürfen erst ab 18 Uhr – dann ist offizielles Abstimmungsende – die Stimmzettel entnehmen. In der Zeit bis dahin gehe ich noch dahin, wo leider auch alle anderen Frauen hingehen. Auf dem Rückweg hole ich mir an der für alle verfügbaren Wasserzapfsäule neues Wasser für meine Trinkflasche. Und bevor ich mich ins Zählgeschehen begebe, lasse ich mir noch die scheidenden Sonnenstrahlen auf die Netzhäute scheinen.

Der letzte Blick auf die Sonne heute

Es folgt viel Zählen und Gegenzählen, Plaudern, Abzeichnen, Prüfen, nochmal zählen, aufräumen, letzte Kekse essen, Aufwandsentschädigung bekommen, danke, tschüss!

Um die Ecke steht ein MILES, da gehe ich hin. Es ist ein nettes kleines Autochen, mit dem das Fahren Spaß macht. Und so bin ich in 20 statt in 60 Minuten zuhause. Der Tag war lang genug. Kind und Enkelin sind auch müde, alle sind wir hungrig. Ich werfe kurz Pasta in einen Topf; ein halbes Glas Pesto möchte verbraucht werden, und wir haben himmlischen Parmesan. Auf dem Markt war anscheinend wieder das berühmte Verkleinerungsglas in der Vitrine, so dass ich ein ziemlich riesiges Stück gekauft habe.

Wir essen. Zum Erzählen sind wir zu müde. Und jetzt: Satt, müde, gute Nacht!

Bleib dran, lies wieder rein. Und lass dich informieren; abonniere meine Midlife Storys: DANKESCHÖN!

12von12 im Oktober der letzten Jahre


Kudos an Chad Darnell, der dieses Blogformat in den USA erfunden hat: 12 Fotos am 12. des Monats. Noch mehr Kudos an Caroline Lorenz-Meyer in Hamburg, die der deutschen Blogosphäre auf ihrem Blog Draußennurkännchen eine Heimat bietet.

4 Gedanken zu „12 von 12 im Oktober 2025 – ein besonderer Sonntag“

  1. Guten Morgen Silke,
    doch noch via Newsletter hergefunden (am 14. nicht mehr bei Caro reingeschaut). Ja, diese bunten Fliesen machen mir auch Spasz, während ich grad den fortschreitenden Sonnenaufgang eines grau-kalten Tages beobachte…und die Graffitis mag ich auch.
    Interessant, das mit der Zählerei (hier gab es noch nie einen VE) – danke für den weiteren Einblick in einen babydominierten Alltag 🙂
    Liebe Grüsze
    Mascha

    1. Hallo Mascha,
      die Fliesen sind wunderschön – ich habe früher in der Schule immer solche bunten Kästchen gemalt; die Erinnerung kam prompt hoch – und schon für eine fotodominierte Stadtrundfahrt vorgemerkt. Vielleicht gibt es solche Volksentscheide auch nur in großen Städten, kann ich mir vorstellen.
      Liebe Grüße in den Harz
      Silke

  2. Was für ein turbulenter Tag. Mit Baby und auch überhaupt. So Zählsachen habe ich tatsächlich noch nie gemacht. Könnte ich ansich auch mal, aber hier gibt es da glaube ich immer genug Leute und so Entscheide gibt es hier auch gar nicht. Bzw. macht keiner? Mir haben es vor allem die Mosaik Fliesen angetan. Das ist vermutlich eine riesige Fläche? Toll! Und das noch so viel blüht finde ich auch sehr schön. Oft finde ich Hortensien im Herbst ja viel interessanter als wenn sie noch in der Sommerblüte sind. LG, Christine

    1. Liebe Christine,
      ich mag auch die morbid-farbenen Hortensien besonders gern. Im Sommer finde ich sie auch wunderschön. Und im Herbst noch wunderschöner – ob es der Hang zum würdevoll Gealterten ist, der mich auch beruflich umtreibt? Ja, es sind sehr sehr viele Fliesen. Leider bin ich vor dem Schreiben des Monatsrückblicks noch nicht wieder hingekommen. Vielleicht im nächsten 12von12, auf dem Weg zu einer Location, die ich diese Woche entdeckt habe und UN-BE-DINGT! fürs 12von12 fotografieren muss!
      Das Zählen war nun auch nicht so, dass mir besonders viel entgangen wäre, hätte ich es nicht getan.
      Liebe Grüße
      Silke

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