00:22
Ich sitze mit Anne im Wohnzimmer. Sie stillt, und Baby Charlotte lässt nicht von ihr ab. Eben bin ich mit meinem Monatsrückblick September 2025 und meinem Newsletter für diese Woche fertig, da kann ich ja gleich weiterschreiben. Anne hat „Chantal im Märchenland“ auf Netflix ausgewählt. Ziemlich dumm, finde ich. Gucke ich nicht weiter, das frisst meine Gehirnzellen. Ich rege an abzuschalten. Tun wir. Ahhh, Ruhe! Viel passiert hier sowieso nicht mehr. Ich gehe erstmal schlafen. Nachher geht’s weiter.
In der Nacht wird es doch noch viel später. „Unser“ Baby ist gestresst und macht Anne Schwierigkeiten. Ich trage sie noch ein wenig herum, wickele sie gelegentlich, und irgendwas mit einer Zwei vorn ist die letzte Uhrzeit, die ich sehe. Und immer wieder muss Anne stillen.
09:05
Ich wache auf, stehe auf, checke, wie es Anne geht. Wir haben beide Hunger. Ich gehe in die Küche, mache uns ein Brot, flitze in den Keller, finde Aufbackbrötchen und stecke sie in den Ofen. Ich setze mich wieder ins Bett. Die Brötchen piepen bzw. der Backofen, ich gucke nach, noch nicht ganz gar. Nochmal zwei Minuten, ich ziehe Plissees hoch und bringe Wäsche runter. Seit Charlotte bei uns eingezogen ist, haben wir haufenweise Tücher, Waschlappen, Handtücher; ich komme kaum hinterher. Es zieht mich wieder ins Bett, weil das Haus eiskalt ist. Noch kurz die Brötchen rausnehmen und die zwei Cappuccini mit hochnehmen, die ich in der Wartezeit gezaubert habe.
Im Bett ist es am schönsten, weil die Heizung nicht angeht. Unser Haus ist, was die Wärmeversorgung angeht, in Teilverwaltung. Jedes Jahr im Herbst schaltet der Bauverein die Heizung zentral zu spät an, jedes Jahr im Frühling zu früh aus. Und wir sitzen hier bei Zimmertemperaturen von 17,5 Grad. Das heißt, wir sitzen eher nicht, weil es zu kalt ist dafür. Unsere Freunde, die gestern da waren zum Babygucken, froren und freuten sich auf ihr warmes Auto. Na, so kommen wenigstens mal die Teereste weg.
10:30
Inzwischen habe ich meine drei Dankbarkeitspunkte aufgeschrieben, wie jeden Tag. Heute handelt zufällig jeder Punkt von Verbundenheit, das finde ich schön: Ein richtig guter Nachmittag mit Freunden gestern, ein kurzer WhatsApp-Austausch mit einer Freundin, die bei besonderen Natur- und persönlichen Erlebnissen genauso ausrastet wie ich. Die Freude über ein kleines Gespräch mit meiner Tochter, mit mehreren Situationen zum Tränenlachen. Unter anderem darüber, dass sie kürzlich den Begriff „Pegging“, der in einem Film genannt wurde, Tochter-Mutter-mäßig und möglichst sachlich zu erklären versuchte und dabei immer mehr ins Straucheln kam und doch etwas eklig wurde (ich muss schon wieder weinen vor Lachen). Gleich danach störte mich ein vermeintliches Insekt, das vor meinen Augen hing und das sie beherzt zur Strecke brachte. Es war ein Fussel!
Jetzt tausche ich mich seit einer Weile mit verschiedenen Menschen aus, zum Teil über die Heizung, die nicht heizt, selbst wenn draußen Raureif ist. Der Notdienst vom Bauverein kommt nur, wenn mehrere Nachbarn das Problem auch haben. Es scheint, als beträfe es nur unsere Reihenhausreihe, der Nachbar dahinter bestätigt sofortige Wärme beim Einschalten der Heizung. Ich telefoniere schon seit zwei Wochen mit dem Bauverein und dem Hausmeister. Problem: Frauen glaubt oft niemand einen technischen Verstand. Das Problem, das ich schildere, hängt nicht an einem oder mehreren defekten Heizkörpern, das betone ich. Ich sage auch (alle Ansprechpartner sind offenbar neu), dass das Problem jedes Jahr im Frühling und Herbst auftaucht. Natürlich ruft das Sanitärunternehmen an und hat den Auftrag, defekte Heizkörper zu überprüfen. Bald habe ich keine Haare mehr, die ich raufen kann. Der Termin ist am 16.10., bis dahin haben wir uns hier den Hintern abgefroren.
Ich habe beileibe nicht den Anspruch, in kurzen Hosen und Tanktops herumzulaufen, aber 20/21 Grad wären schon ganz angenehm. Mal sehen, was der Anruf beim Notdienst heute bringt.
Jetzt lege ich noch meine Karten für die kommende Woche und kümmere mich dann um Brötchen, mehr Kaffee und ein Telefonat mit meiner Mutter. Vorher teile ich noch flott meinen Monatsrückblick vom September im WhatsApp-Status.
11:27
Mit dem Tagebuch-Rückblick sehe ich erschreckt, wie lange alles dauert. Die Tarotkarten sind gelegt; das wird eine tolle Woche! Zwischendurch Baby-Anziehen mit meiner Tochter zusammen, diverse Male abgelenkt von allem Möglichen. Und jetzt gibt es gleich Frühstück.
13:38
Mittlerweile haben wir gefrühstückt und lange mit meiner Mutter telefoniert. Ihr Bruder und seine Frau, also Onkel und Tante, waren zwei Tage dort. Sie sind beide sehr krank. Gestern waren noch meine beiden Nichten zu Besuch, eine mit Baby, die andere mit Partner und Babybauch, es war ordentlich was los und einiges zu erzählen. Lägen nicht 350 Kilometer zwischen unseren Wohnorten, wären wir sicherlich auch mal reingeschneit.
Der Frühstückstisch ist abgeräumt, alles ist wieder vom Tisch. Außerdem tausche ich mich weiterhin mit Nachbarn wegen der Eiseskälte in unseren Häusern aus und rufe dann den technischen Notdienst der Baugesellschaft an. Ich hoffe wirklich, dass bald etwas passiert.
Ah, das geht schnell: Der Monteur ruft mich an, weil in meinem Haus der Wärme-Verteilraum ist. In ca. 90 Minuten ist er da, das wird uns entlasten. Hoffentlich liegt es an unserem Raum und nicht am Blockheizkraftwerk.
Während ich in alle Richtungen kommuniziere, stillt Anne, und Charlotte veranstaltet wieder Kunststückchen mit ihren Auscheidungen. Ergebnis: ein weiß-gelbes Handtuch mit Feststoffen und ein vollgepieschtes Kind. Neuerdings schafft sie es, oben aus ihrer Windel rauszupinkeln. Sehr kunstvoll, und es sorgt in unserem kleinen Hauswirtschaftskreislauf für Vollbeschäftigung.
14:47
Anne stillt schon wieder, so dass Mäuschen jetzt schläft. Wir wollen gleich Fuß- und Handabdrücke machen für Annes Buch über Babys erstes Jahr. Ich finde es sehr berührend, dass sie das so verfolgt. Habe ich damals leider nicht getan. Und vieles vergessen.
16:18
Es ist wieder warm im Haus! Der Sanitär-Notdienst war da, juhu! Ich muss die Leute immer reinlassen. Irgendein Sanitärunternehmen hatte mal einen Zweitschlüssel für die Kellertür. Keine Ahnung, wo der abgeblieben ist. Ich will sowieso ein paar Sicherheitssachen rund ums Haus machen und machen lassen.
Der freundliche Monteur erklärt uns den Fehler: Irgendein Schlaufuchs hat den Heizungsbetrieb täglich um 14 Uhr enden lassen und am Sonntag komplett inaktiv geschaltet. Obt er sich dabei an seinem eigenen Dienstplan orientiert hat?
Und als wir so nett am Plaudern waren – er hat Anne noch ein paar Not-Handgriffe für die Steuerung erläutert – hat er auch nach unserem Küchenwasserhahn geguckt, der uns seit ein paar Tagen um die Ohren fliegt. Ungelogen, das gesamte Hahn-Oberteil wurde nach oben gedrückt. Ich hatte es gerade abgenommen und nachgesehen, was getan werden muss. Ich vermutete, es fehlte eine Schraube, die in eine Rille greift und das Teil am Platz hält. Konnte er so bestätigen. Jetzt habe ich in unserem reichhaltigen Fundus nachgesehen und eine nicht ganz passende, aber den Hahn haltende Schraube eingedreht. So einfach!
Gleich ist unser Haus nicht mehr ganz so baustellig. Es fühlte sich an, als sei alles kaputt: Heizung kalt, Hahn blöd, jetzt ist noch ein Wintergartenthema, dessen wir uns nächste Woche annehmen. Und die Sicherheitssachen. Hier in der Gegend wird ziemlich ausgespäht, weil durch die Gärten einige Zugänge nicht einsehbar sind, so dass weniger wohlmeinende Menschen sich recht ungestört dort betätigen können. Ich mag insbesondere nicht, dass ich erst dann Menschen vor der Haustür sehen kann, wenn diese mich auch schon sehen. Kein Spion, keine Gegensprechanlage oder was auch immer. Das ändern wir.
22:22
Heute war Charlotte sehr ungnädig und fühlte sich offenbar ungemütlich in ihrem Körper. Es schien, als könne sie sich nie entscheiden, was sie gerade braucht. Zum Glück gibt es das Internet, wo auch Erklärungen für Phänomene wie Stillstreik und Brustbeschimpfung zu finden sind, welch großartige Begriffe! So haben wir gemeinsam den Abend gestaltet und Madame nach Möglichkeit ihre Bedürfnisse erfüllt.
Anne ist vor lauter Stillen und Stress ob des brüllenden Kinds irgendwann über den Hunger. Ich wärme schnell eine Hühnernudelsuppe auf und koche dann noch sehr viele Kartoffeln, die wir mit Käse und Butter essen. Für morgen ist zum Glück noch viel übrig. Zwischendrin trage ich Charlotte durch die Gegend, wickele sie, atme mit ihr, spreche und summe, und kurzzeitig ist sie etwas ruhiger. Heute ist aber Mama Anne besonders angesagt, und nun liegen die beiden im Bett.
Ich will noch ein bisschen klar Schiff im Wohnzimmer machen und folge bald. Der Regen tost ums Haus und trommelt seine wilde Melodie auf den Fensterbänken und an den Scheiben. Da ist es unter den Decken besonders gemütlich!
Und ich sage tschüss, bis zum nächsten #wmdedgt!
Was #wmdedgt ist? Ein Format, bei dem alle, die über den Tagebuchblog von Frau Brüllen darauf aufmerksam geworden sind, mitschreiben. Ich mache seit April dieses Jahres mit. Einfach ein Tag im Leben, der Fünfte jedes Monats. Unter dem heutigen Beitrag von Frau Brüllen findest du eine kleine illustre Sammlung von Tagesgestaltungen. Lies mal rein!



Wow. Was für ein Tag. Neugeborene plus Heizungschaos. Ich kenne dieses „man glaubt mir nicht“ auch. Ich hatte mal einen Neuwagen mit dem ich daher in eine Vertagswerkstatt musste. Im ersten Winter hatte er ab und an Probleme beim Anlassen. Was sagt der Typ? Ob ich denn auch wisse, wie man ein Auto an macht. Was ist das für eine absolut dumme Frage. Äh, ja! Er würde mir das aber lieber nochmal zeigen. Natürlich sprang er dann an (war auch nicht so arg kalt weil nachmittags). Tja. Ich habe dann die Werkstatt gewechselt und leider nichts gesagt… LG
Guten Morgen 🙂
Stillstreik und Brustbeschimpfung – noch nie davon gehört…kann mir sicher kaum vorstellen, was für ein Stresz das in den ersten Monaten ist!
Das kalte Haus kenne ich nur zu gut, hier aber aus anderen Gründen und ich wäre über 17,5° manchmal schon froh. Zum Glück Sonnenseite, also wenn sie scheint, an den Tagen ist es tagsüber dann erträglich.
Liebe Grüsze und einen sonnigen Oktober
Mascha